Sabine spricht nach Schlaganfall nur noch Schwizerdütsch

Sabine leidet an einer extrem seltenen Krankheit, dem Fremdsprachen-Akzent-Syndrom. Jahrelang „versteckt“ sich die 57-Jährige sich vor der Öffentlichkeit.

Von heute auf morgen spricht eine Frau eine fremde Sprache. Eine Sprache, die sie nie gelernt hat, aus einem Land, in dem sie nie gewesen ist. Sabine Kindschuh leidet seit acht Jahren an dem so genannten Fremdsprachen-Akzent-Syndrom.  Diese extrem seltene neurologische Krankheit gibt es weltweit nur 60 Mal. „Ich bin aufgewacht und habe Schwizerdütsch gesprochen, ich dachte ich bin irre!“, sagt die 57-Jährige aus Thüringen. „Ich habe mich nicht mehr auf die Straße getraut.“ Acht Jahre lang hat sie sich in ihrem Haus „versteckt“.

2005 erleidet Sabine einen Schlaganfall. Einen Tag nach der Behandlung im Krankenhaus wacht sie auf und kann kein Hochdeutsch mehr. Sie benutzt völlig fremde Wörter und hat einen straken Schweizer Akzent. Sie sagt „Häusli“ statt Haus und „Würstli“ statt Wurst. Sie hat einen sehr starken Schweizerakzent, droht durchzudrehen: „Ich habe nur geweint.“ Auch Ehemann Lothar ist geschockt: „Ich habe meine eigene Frau nicht mehr verstanden.“ Die Hausärztin wirft Sabine vor, zu simulieren. Sabine rennt von Arzt zu Arzt, doch kaum einer glaubt ihr, niemand hilft.

Erst Sprachwissenschaftler Dr. Hans Jentzsch erkennt die seltene Krankheit, bringt Sabine langsam wieder ihre Muttersprache bei. „Sie muss Hochdeutsch wieder wie eine Fremdsprache lernen“. Der Schweizer Akzent bleibt wohl für immer. „Der Schlaganfall hat einen Defekt im Sprachzentrum ausgelöst, der zu diesem seltenen Phänomen führt“, Erklärt ein Neurologe.

Die 57-Jährige lernt langsam mit ihrem Schicksal zu leben und will bald in die Schweiz reisen. „Da verstehen mich wenigstens alle“, sagt sie mit einem lauten Lachen.